Taekwondo aus der Sicht eines Sport-Mediziners:
Dr. Ralf Aman, Universitätsklinik Jena Eisenberg, 18.08.1998
Für mich als Orthopäde und Sport-Mediziner ist schon seit langem klar, dass es kaum eine Sportart gibt, die ähnlich gesundheitsfördernd ist, wie Traditionelles Taekwondo. Meine Überzeugung stammt einerseits aus persönlichen Erfahrungen als betreuender Arzt bei vielen Turnieren, Großveranstaltungen und Trainingslagern des Traditionellen Taekwondo, aber auch anderer Kampfsport-Arten. Wesentliche Gründe für die außergewöhnlich gesundheitsfördernden Effekte des Traditionellen Taekwondo sehe ich in den folgenden Aspekten.
Im Vordergrund steht die Ausgewogenheit und enorme Vielfalt, die diese Sport-Art bietet. Alle sport-lichen Hauptbelastungsformen werden trainiert (Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit, Beweglichkeit, Gewandtheit, Koordination) unter strikter Vermeidung einseitiger Belastung. Es erfolgt entsprechend ein ganzheitliches Training mit dem kompletten Bewegungsausmaß sämtlicher Körperabschnitte in allen Raumebenen, wodurch insbesondere auch chronischen Schäden am Bewegungsapparat vorgebeugt wird. Unterstützend kommen die umfangreiche Budo-Gymnastik und Haltungsschulung zum Tragen, die in jeder Trainingseinheit zum Pflichtprogramm gehören.
Neben der Vermeidung chronischer Sport-Schäden ist das außergewöhnlich niedrige Verletzungsrisiko im Traditionellen Taekwondo sehr wesentlich. Die Techniken werden ausschließlich ohne Körperkontakt ausgeführt im Gegensatz zu den Semi- oder Vollkontaktvarianten dieser Sport-Art. Der Sportler erlernt somit eine enorme Körperkontrolle und Koordination, was der allgemeinen Fitness zugute kommt und gleichzeitig das hohe Verletzungsrisiko der Kontaktsportarten ausschaltet. Der Überprüfung der Techniken dient alleine der Bruchtest und nicht etwa der Trainingspartner. Und gerade hier ist es für mich aus ärztlicher Sicht faszinierend, wie selten ernstere Verletzungen auftreten trotz extremster Techniken. Bezüglich des Verletzungsrisikos kommt natürlich auch der Budo-Gymnastik eine hohe präventive Bedeutung zu.
Als dritten wesentlichen Faktor möchte ich die enge Verflechtung von mentaler und körperlicher Schulung hervorheben. Psychische Komponenten, wie Konzentration, Selbstvertrauen, Mut, Ausdauer, Willenskraft und Disziplin werden gleichermaßen mittrainiert. Durch die moralisch-ethischen Grundregeln des Taekwondo werden charakterliche Eigenschaften gefördert, wie Gemeinschaftsgefühl, Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit, Respekt und Bescheidenheit. Bekanntermaßen beeinflussen sich körperliche und geistige Faktoren in einer ständigen Wechselwirkung gegenseitig positiv, aber auch negativ. Traditionelles Taekwondo bietet hier einen ganzheitlichen Ansatz, indem Körper und Geist trainiert werden und damit die Möglichkeit besteht, eine einzigartige Harmonie zu erreichen.
Zusammenfassend bietet Taekwondo aus sport-medizinischer Sicht eine hervorragende Möglichkeit zum Training aller körperlicher Hauptbelastungsformen, bei niedrigem Verletzungsrisiko und niedrigem Risiko für chronische Schäden am Stütz- und Bewegungsapparat. Die positiven Effekte wirken sich sowohl auf die körperliche Fitness als auch auf die Psyche und das Allgemeinbefinden aus.